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Donnerstag, 19. Juli 2007  |  Mecklenburg-Vorpommern - Copyrights liegen bei der Ostseezeitung!

Gefängnisreform als Antwort auf Carolins Tod


Ungewohnter Besuch im Gefängnis Bützow: Justizministerin Kuder stellte die Reform des Vollzugs vor.


Bützow (OZ) Für Carolin (16) aus Graal Müritz (Kreis Bad Doberan) kommt die Reform zu spät: Sie musste im Juli 2005 sterben. Ihr Mörder, Sexualverbrecher Maik S., war gerade aus dem Gefängnis gekommen. Seine Freilassung – offenbar eine Justizpanne. Hätten die Behörden besser zusammengearbeitet, so der Vorwurf, wäre die furchtbare Tat nicht passiert.

„Um so etwas künftig zu verhindern, sollen Vollzug und Bewährungshilfe besser vernetzt werden als früher“, umriss Landesjustizministerin Uta-Maria Kuder (CDU) den Kern ihrer Vollzugsreform, die sie gestern im Gefängnis Bützow vorstellte.

Danach werden die Justizvollzugsanstalten (JVA) spezialisiert. Gefährliche Verbrecher mit hohen Freiheitsstrafen sollen in der JVA Waldeck untergebracht werden. Bützow, mit 550 Gefangenen landesweit größte JVA, wird zum Zentrum für Berufsausbildungen der Häftlinge ausgebaut. Dazu wird die Anstalt in den nächsten zehn Jahren für 30 Millionen Euro modernisiert. Neue Werkstätten entstehen. Geschultes Fachpersonal soll sich noch intensiver als bisher mit den Tätern auseinandersetzen. „Schon bei der Aufnahme“, so Kuders Abteilungsleiter für Soziale Dienste und Vollzug, Jörg Jesse, werden die Gefangenen „diagnostisch duchgecheckt“. Je nach Länge der Haftstrafe werden sie nach neu standardisierten Verfahren psychologisch begutachtet und betreut. „Und zwar gleich in Zusammenarbeit mit dem künftigen Bewährungshelfer.“

Besonders problematische Fälle, wie Gewalt- und Sexualstraftäter, kommen in das „Diagnostikzentrum“. Dort erstellen Psychologen gründliche Persönlichkeitsanalysen. „Aus welchem Umfeld kommt der Gefangene, wohin will er wieder zurück? Wie ist seine innere Einstellung, seine Motivation?“, fragt Frank Grotjohann, Psychologe und stellvertretender Anstaltsleiter in Bützow. „Daraus ergibt sich die notwendige Sozialtherapie oder gegebenenfalls die Suchtbehandlung.“

„Wir entwickeln einen Vollzugsplan“, meint Jesse. „Ein neuer Begriff. Alle sechs Monate gucken wir uns die Häftlinge an. Was hat geklappt, was ist noch zu tun?“ Schließlich folgt der Entlassungsplan. „Fast jeder kommt wieder raus. Wir sind gut beraten, uns die Leute genau anzusehen.“

Die Neuerungen, sagt Kuder, gelten ab dem 1. Oktober. In den nächsten zwei Jahren soll die Zahl der Bewährunghelfer von 64 auf 80 aufgestockt werden. „Die sind zuständig für landesweit derzeit 5000 Menschen.“ 14 von ihnen wurden zudem speziell für die Arbeit mit Sexualstraftätern geschult. Auf diese Weise, hofft Kuder, lässt sich „das Rückfallrisiko minimieren“. Für sie beinhaltet die Reform „Bausteine, die dazu dienen, das Land immer wieder ein Stückchen sicherer zu machen.“


MARCUS STÖCKLIN