„Setzen Sie sich zur Ruhe, Herr Sellering! Das ist gut für die Sicherheit in unserem Bundesland und für den weiteren Ruf der Justiz!“

 

Martina und Jörg Scholz

 

Bericht der Ostsee-Zeitung vom 19. August 2006, Copyrights liegen bei der OZ!

 

Rotlicht-Prozess: CDU legt Justizminister Rücktritt nah

 Oppositionsführer Armin Jäger wirft dem Ministerium Versagen und falsche Personalpolitik vor.

     

Rostock (OZ) Der Prozess um den Rostocker Rotlichtkönig Artur Bree wird zunehmend zum Politikum. Nachdem bekannt wurde, dass Bree nur eine geringe Strafe bekommen soll, falls er gesteht – obwohl 50 Aktenordner voller Belastungbesweise vorliegen – melden sich Politiker zu Wort.

 

   CDU-Landtagsfraktionschef Armin Jäger spricht offen von einem Versagen des Justizministeriums und dessen Personalpolitik. „Es zeigt sich, dass ein so umfangreiches Verfahren mit der personellen Ausstattung der Gerichte kaum zu bewerkstelligen ist.“ Im Rechtsausschuss sei Justizminister Erwin Sellering (SPD) immer wieder darauf hingewiesen worden, dass die Personalsituation in der Justiz verbessert werden müsse. „Stattdessen hat der Minister in seinem Personalkonzept vorgesehen, weitere 306 Stellen abzubauen.“

 

   Jäger: „Es wäre fatal, wenn sich in der Bevölkerung die Auffassung verbreitet, in der Justiz könnten die Strafen für schwerste Verbrechen ausgehandelt werden. Wenn solche Schwerverbrecher mehr als mild davonkämen, untergräbt dies das Vertrauen in den Rechtsstaat.“ Fakt ist: Ein mildes Urteil gegen Bree könnte auf andere Zuhälter noch motivierend wirken.

 

   Bis in Regierungskreise zieht sich der Streit. Das dem Innenministerium unterstellte Landeskriminalamt und die dem Justizministerium nachgeordnete Staatsanwaltschaft werfen sich gegenseitig schwere Fehler vor. (OZ berichtete). Dennoch schweigen die zuständigen Minister bislang hartnäckig. Eine Sprecherin von Innenminister Timm (SPD) blockte Nachfragen harsch ab. Justizminister Erwin Sellering lud gestern Journalisten zum „Hintergrundgespräch“, lehnte es aber ab, sich öffentlich zu positionieren.

 

   Auch innerhalb der Regierungskoalition wird Kritik laut: Der innenpolitische Sprecher der Linkspartei.PDS-Fraktion Peter Ritter, kann die Verärgerung der Ermittler des Landeskriminalamts wegen des ausgehandelten geringen Strafmaßes für Bree sehr gut verstehen. Bereits seit 2005 läuft der Prozess gegen den Litauer. Die Zerschlagung der ursprünglich als kriminelle Organisation eingestuften Bande sei damals als einer der größten Erfolge in der Zusammenarbeit zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft gewürdigt worden. Jäger: „Das Landeskriminalamt hat exzellente Arbeit geleistet.“

 

   Es ist nicht das erste Mal, dass die Mechanismen des Justitzapparates im Land versagen. Im Mordfall Carolin war der Täter aus der Haft entlassen worden, obwohl Gutachten dagegen sprachen. Ein auf Betreiben der CDU-Fraktion eingesetzter Untersuchungsausschuss kam zu dem Ergebnis, dass Mängel in der Arbeit der Staatsanwaltschaften und der Gefängnisse vorlagen. Lücken in der Informationskette, Kommunkationsprobleme und „personelle Überforderung“ seien die Ursachen. Das Mädchen aus Graal-Müritz könnte vielleicht noch leben, wären diese Fehler nicht unterlaufen.

 

   „Die Verantwortung trägt Sellering als Ressortchef“, so Jäger. Der CDU-Mann legt dem Minister den Rücktritt nahe: „ Es hat sich schon im Carolin-Ausschuss gezeigt, dass der Minister überfordert ist. Wenn ich an Sellerings Stelle wäre, würde ich die Konsequenzen ziehen.“ Der Deal mit dem Rostocker Rotlichtkönig Artur Bree zieht immer weitere Kreise. Die CDU fordert jetzt Konsequenzen.